„Was einer ist, was einer war, beim Scheiden wird es offenbar. Wir hören nicht, wenn Gottes Weise summt, wir schaudern erst, wenn sie verstummt.“ Die Worte des Schriftstellers Hans Carossa bewahrheiten sich heute, da wir unserem geschätzten und verdienten Kirchenrat und langjährigen Kirchenpfleger Johann Mühlbauer, Ittlinger Original und Urgestein, hier in s e i n e r Pfarrkirche St. Johannes das letzte Geleit geben.
Die große Zahl derer, die gekommen sind, um Abschied zu nehmen, bezeugt und offenbart, wer er für uns war und was er uns bedeutet hat. Diese Stunde, da wir in der Liturgie Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus feiern, führt uns jedoch auch ganz klar vor Augen, für was das Leben unseres lieben Verstorbenen stand, welche Hoffnung ihn bewegte und in vielfältiger Weise zum Handeln führte.
Johann Mühlbauer, er war für die meisten von uns einfach der Hans, wurde am 18. Mai 1952 geboren und wuchs zusammen mit fünf älteren Geschwistern am elterlichen Anwesen in Ittling auf. Nach dem Besuch der Volksschule ging er weiter auf die landwirtschaftliche Berufsschule, wo er sich das Rüstzeug für seinen weiteren beruflichen Weg als landwirtschaftlicher Mitarbeiter am Gut Hofstetten bei der Familie Otto Beckmann verschaffte. Schnell wurde er dort quasi Vorarbeiter und mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut. Als die Landwirtschaft am Gut aufgelöst wurde, trat Hans in die Landmaschinenfirma Stoll ein, die sich in die Gebäude von Beckmann in Hofstetten eingemietet hatte. Dort war er als Kraftfahrer nicht nur für die Auslieferung zuständig sondern auch für Vorführungen der Geräte bei den Kunden. Die unter Umständen langen Fahrzeiten blieben bei ihm nicht ungenutzt, so zeichnete er zum Beispiel zwischendurch auch mal das ein oder andere selbst gesungene „Gstanzl“ mit dem Kassettenrecorder auf. Bei der Firma Stoll blieb Hans bis zur Auflösung des Standortes im Gewerbegebiet Hofstetten. Anschließend wechselte er nicht weit von dort zur Firma Seifen Zech, bei der er 23 Jahre als Fahrer im Lieferdienst arbeitete und dabei oft auch gerade schwierige und lange Fahrten übernahm.
Sowohl im familiären Umfeld als auch bei seinem gesellschaftlichen Engagement handelte Hans stets sehr bedächtig, strukturiert und organisiert, so dass er jede Aufgabenstellungen immer bestens zu bewältigen vermochte.
Am 1. Juli 1978 schloss er den Bund fürs Leben mit Frau Anneliese Hackl aus Bernried. Drei Kinder wurden der Ehe geschenkt: 1979 kam Sohn Martin zur Welt, es folgten 1983 Sohn Christian und 1987 Tochter Stefanie. Er war ein treu sorgender und liebevoller Ehemann und seinen Kindern ein fürsorglicher Vater, in dem sie immer Rückhalt fanden, wenn seine Hilfe gebraucht wurde. Hans wusste als Papa immer eine Lösung und gab sein breites, vor allem praktisches Wissen, an seine Kinder weiter. Hans befasste sich viel mit seinen Kindern und ermöglichte ihnen eine schöne, ja eine wunderbare Kindheit. Auch später packte er tatkräftig mit an, zum Beispiel beim Hausbau, um ihnen den Start ins Erwachsenenleben zu erleichtern. 2018 durfte er sich mit seiner Frau Anneliese über die Geburt der Enkeltochter Hannah freuen, die er über alles liebte.
Man kann es kaum für möglich halten, wieviel Zeit er zusätzlich für sein gesellschaftliches und kirchliches Engagement noch aufbringen konnte:
Schon 1961 war er in die traditionsreiche Herz-Marien-Bruderschaft eingetreten, der er über 60 Jahre angehörte. Auch bei der MMC Ittling war er langjähriges Mitglied.
Bereits am 1. Januar 1969 war Hans der Freiwilligen Feuerwehr Ittling beigetreten. Am 6. Januar 1979 wurde er zum Zugführer gewählt und hatte dieses Amt bis Anfang 1985 inne. Vom 6. Januar 1991 bis zum 6. Januar 2003 war er dann stellvertretender Zugführer des Löschzugs Ittling. Es gibt darüber hinaus in Ittling kaum einen Verein, bei dem Hans nicht Mitglied war oder dem er nicht fördernd oder unterstützend mit Rat und Tat zur Seite gestanden wäre: Neben den ortsansässigen Vereinen gehörte Hans auch dem CSU Ortsverband Ittling an. Man kann einfach nur sagen: Wer auch immer eine schnelle und unkomplizierte Lösung brauchte, war bei Hans goldrichtig.
So konnten auch die Landjugend, der Ittlinger Kindergarten, die Landfrauen und der Frauenbund sich immer auf ihn verlassen, wenn sie ein Anliegen hatten. Oft waren dann Probleme, die nur kurz angesprochen wurden, am nächsten Tag bereits gelöst.
Noch geraume Zeit vor seinem Eintritt in die Rente bildete nach der aktiven Zeit bei der Feuerwehr das kirchliches Engagement sicherlich den Mittelpunkt seines ehrenamtlichen Einsatzes, in der Hans Erfüllung fand: Welch ein Segen für eine Gemeinde, wenn da jemand bereit ist, sich in solchem Ausmaß für die Belange seiner Pfarrgemeinde einzusetzen wie Hans es tat! Galt es doch so viel Verantwortung zu tragen und zuweilen auch manche Sorgen. Dass unsere Kirchen, aber auch die anderen Gebäude und Liegenschaften einen so gepflegten und würdigen Eindruck machen, ist mit großer Verdienst vom Mühlbauer Hans. Dies über so lange Zeit durchzuhalten, bedeutet wahrlich eine ganz enorme Leistung, die weit über die verbindliche Übernahme einer ehrenamtlichen Aufgabe hinausweist und letztendlich zu tun hat mit tiefer innerer Glaubensüberzeugung und großer Liebe zur Kirche. 16 Jahre lang durften wir seine fürsorglichen Dienste als Kirchenpfleger an der Spitze der Ittlinger Kirchenverwaltung entgegennehmen. Seit 1992, also 30 Jahre, wirkte Hans, immer wieder bestätigt durch das große Vertrauen der Pfarrangehörigen, als Kirchenrat mit und tat dies bis zuletzt. Er war der treue Verwalter unserer Pfarrkirche, der Aukirche, des Pfarrheims, des Kindergartens und des Pfarrhauses, allesamt höchst verantwortungsvolle Tätigkeiten, die er im Sinne einer wirklichen Entlastung der jeweiligen Pfarrer loyal erbrachte.
Als Hüter der Kirchenkasse sorgte er besonders durch die eigenen Arbeitsleistungen für einen sparsamen Umgang mit den Mitteln, war aber immer sehr großzügig den Anliegen des Pastoralteams und des Pfarrgemeinderates gegenüber. Mit gutem Augenmaß verlor er nie die Mitmenschlichkeit und die Freude an den Vollzügen des Glaubens aus dem Blick.
Freude hatte Hans jedes Jahr auch daran, die Ittlinger Fusswallfahrt zum Bogenberg am 1. Mai mit zu organisieren.
Hans war ein Mensch, der kein großes Aufhebens machte um seine Arbeit. Er war einer, der Lösungen fand und keine Probleme suchte. Wenn man ihn brauchte, war er da und daneben erledigte er vieles geräuschlos im Hintergrund, von dem man erst nachher erfuhr. Wenn er einmal selbst nicht helfen konnte, wusste er bestimmt jemanden, den er zu Rate ziehen konnte.
Zudem war er eine aufgeschlossene Persönlichkeit, mit der man gerne in Gesellschaft war. Mit seinem hintersinnigen, trockenen und stets geistvollen Humor hat er das Beisammensein oftmals bereichert. Er hatte den Mut zu einer festen und klaren Position, die er qualifiziert und wohlüberlegt vertrat, war aber auch anderen Meinungen gegenüber aufgeschlossen.
Er lebte gemäß eines Zitats aus dem „Kleinen Prinzen“ des Schriftstellers Exupery den Grundsatz: „Du bist ein Leben lang verantwortlich für das, was du dir vertraut gemacht hast.“
Für alle Treue in seinem Dienst und für das dahinter stehende lebendige Glaubenszeugnis möchte ich als Pfarrer im Namen der gesamten Pfarrei unserem Hans ein inniges Vergelt`s Gott in die Ewigkeit nachrufen. Umfassender kann kaum jemand seine christliche und kirchliche Berufung leben. In Anbetracht seiner Verdienste hat ihm unser Diözesanbischof Rudolf 2019 mit der „Bischof-Johann-Michael-Sailer“-Medaille ausgezeichnet, der höchsten Ehrung, die für das Engagement von Weltchristen im Bereich einer Pfarrgemeinde vergeben werden kann.
Im Evangelium haben wir in einem Gleichnis Jesu vom treuen Verwalter gehört, dem der Herr sein Vermögen anvertraut und nicht enttäuscht wird: Das ihm Anvertraute wird nicht nur bewahrt, es mehrt sich durch die treue Fürsorge dessen, auf den der Herr sein Vertrauen gesetzt hat. Es fällt nicht schwer, das Wirken von Hans im Gleichnis des treuen Verwalters zu erkennen: Im Leben war ihm so vieles anvertraut, ob in Familie und Beruf oder durch sein soziales Engagement sowie seinen zuvor dargestellten eindrucksvollen und in dieser Form wohl einmaligen kirchlichen Einsatz.
Jesus erzählt einen großen Teil seiner Frohen Botschaft von der Nähe des Gottesreiches in bildhaften Gleichnissen, er bedient sich der Szenen des Alltages, um den Menschen zu zeigen, wie sehr Gott sie liebt und sich ein Leben unter seinem Anspruch und Zuspruch letztlich lohnt. Ganz in diesem Sinne sollen auch wir mit unserem Leben – zu Gleichnissen der Nähe Gottes werden. Gott vertraut uns dazu Möglichkeiten und Fähigkeiten an, an uns ist es, diese zu ergreifen und Verantwortung zu übernehmen.
Hans hat uns gezeigt, wie dies gelingen kann und sein Leben ist wahrlich ein ganz eindrucksvoll-tatkräftiges Glaubenszeugnis, das uns zum Segen geworden ist, jedoch auch Maßstäbe gesetzt hat, die uns nun Verpflichtung, Herausforderung und Anspruch sind. Möge Gott geben, dass uns dies auch in rechter Weise miteinander gelingt.
Freilich geht es nicht nur um die treue Verrichtung der vielen Aufgaben, die uns das Leben stellt. Die heutige Feier ist schon geprägt vom adventlichen Licht, von den Adventslaternen und hier seitlich wurde schon mit dem Krippenaufbau begonnen. Auch da war Hans stets mittendrin. All dies sind noch verhaltene aber doch deutliche Zeichen, dass das Fest der Geburt Jesu Christi im Kommen ist. Durch die Menschwerdung Jesu Christi in der Armseligkeit unserer Welt ist unser Leben geheiligt worden. Das will uns die Welt in einem neuen Licht sehen lassen und uns dazu anleiten, am Durchbruch des Gottesreiches tatkräftig mitzuarbeiten und seinen Glanz sichtbar zu machen.
Unserem Hans ist jedoch auch bewusst gewesen und die letzten zweieinhalb Jahre – überschattet von einer schweren Erkrankung – haben es ihn deutlich spüren lassen, dass wir, dem Wort aus der Lesung, dem Brief des Apostels Paulus an die Korinther gemäß, den Schatz der Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi in zerbrechlichen Gefäßen tragen.
Der Tod hat nun das äußere Gefäß zerschlagen. Wir sind darüber sehr traurig, der Verlust eines liebenden und treu sorgenden Menschen schmerzt enorm. Doch damit wird das Leben Jesu sichtbar: Wir sterben den Tod, den er gestorben ist, damit auch das neue Leben, das in seiner Auferstehung begonnen hat, an uns wirklich wird. Und das ist unser Glaube, den Hans so eindrucksvoll mit uns geteilt hat, dass es auf dieses ewige und neue Leben letztendlich ankommt. Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass dies nun unserem lieben Verstorbenen in reichem Maße zuteilwird und Gott zu ihm im Wortlaut des Abschlusses des Gleichnisses aus dem Evangelium spricht: „Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn.“
Impressionen vom Requiem für Johann Mühlbauer am 28. November 2022 in der Pfarrkirche Ittling, zelebriert von Pfarrer Stefan Altschäffel, Pfarrer i. R. BGR Stiftskanonikus Erhard Schmidt, StD a. D. BGR Josef Hiebl und Diakon Willi Poiger (Fotos: Gemeindereferentin Barbara Iberer)